HessenForum 2024: Mehr Raum fürs Fahrrad im Sinne des Gemeinwohls
Am Wochenende vom 22. bis 24. November 2024 lud der Landesverband Hessen des ADFC seine aktiven Mitglieder zum HessenForum in die Jugendherberge Bad Homburg ein. Dabei kam eine Vielzahl an Themen rund ums Fahrrad zur Diskussion.
Am Freitag begrüßte der Landesvorsitzende Ansgar Hegerfeld die rund 60 Teilnehmenden, von denen viele mit dem eigenen Fahrrad angereist waren. Nach einem gemeinsamen Abendessen begann das Programm mit einem einstimmenden und auflockernden Verkehrsquiz.
„Mobilität ist eine Eigenschaft des Menschen“
Am Samstagmorgen brachte die Politische Bundesgeschäftsführerin Dr. Caroline Lodemann einen regen Austausch in Gang, indem sie den ADFC als gesellschaftlichen Akteur ermutigte, sich nicht von Hürden und langen Entscheidungswegen in der Verkehrspolitik ausbremsen zu lassen: „Mobilität ist eine Eigenschaft des Menschen“, betonte sie. Das Fahrrad diene entsprechend dem Gemeinsinn.
Nach einer kurzen Kaffeepause hatte die Gruppe die Möglichkeit sich nach ihren Interessensschwerpunkten einen von vier Vorträgen auszusuchen: Joachim Hochstein, Leiter des Radfahrbüros der Stadt Frankfurt, referierte über die Entwicklung und Umsetzung der Radverkehrskonzepte in Frankfurt am Main. Roland Rücker und Anna Hesse, beides Ehrenamtliche Radverkehrsbeauftragte - von Kelsterbach und Weiterstadt -, sprachen über die Position der/des Ehrenamtlichen Radverkehrsbeauftragten als Chance für den ADFC. Klaus Görgen vom ADFC Darmstadt-Dieburg informierte zum Thema Verkehrspolitik: Wo und wie soll man vor Ort einsteigen? Runde Tische, Radentscheide, Ausschüsse, Verkehrsschauen etc. Als vierte Option lud Laura Kehrer von der Hochschule Darmstadt zur Vorstellung eines Status quo in Sachen Verkehrssicherheit ein: Von der Vision Zero bis zu Verkehrssicherheitsaudits gebe es hierzu verschiedene Ansätze. Entscheidend sei vor allem auch eine Fortführung der Wegeverbreiterung.
Im Anschluss an die gemeinsame Mittagspause gab es erneut eine Auswahl an vier brennenden Themenvorträgen: Felix Weidner von Hessen Mobil referierte über den Radwegebau in der Baulast des Landes. Michael Fröhlich vom ADFC Rhein-Neckar stellte zum Thema Verkehrspädagogische Arbeit an Schulen seine Erfahrungen aus Heidelberg vor. Über Aktionen und den Rechtsrahmen für den Radverkehr sprach Anja Zeller, Politische Geschäftsführerin des VCD Hessen. Zum Thema Superblocks wurde außerdem ein Workshop geboten, angeleitet durch Florian Keiper von Changing Cities e.V. aus Berlin.
Offenes Barcamp-Format zur individuellen Gestaltung
Am Nachmittag bediente sich das HessenForum erstmalig mit dem Barcamp eines interaktiven Formats, in dem in Kleingruppen zu selbst definierten Fragestellungen in zwei Runden gearbeitet wurde. Einzelne Teilnehmende stellten vorab ihre Vorschläge vor - von praktischen Themen wie den OpenBikeSensor, Radtouren mit Pedelecs, den Umgang mit rüpelhaften Radfahrenden, Openstreetmap-Daten, Verkehrsschauen, der Frage nach der Helmpflicht bei Touren, der Ausbildung zum/zur zertifizierten Fahrsicherheits-Trainer*in bis zu politischen und gesellschaftlichen Themen. Dazu zählte die provokante Frage, was getan werden könne, um weniger Frauen im ADFC zu haben - um in umgekehrter Sichtweise herauszufinden, wie dies vermieden werden kann. Weitere Sessions widmeten sich den Fragen, was es zu tun gibt für mehr Erfolg in der kommunalen (Rad)Verkehrspolitik, wie die Arbeit in einem inhomogenen Vorstand aussieht, was es zum Fahrradklimatest zu sagen gibt und zu den anstehenden Kommunal- und Bundestagswahlen. Und wie ist es insgesamt bestellt um die Zukunft des Fahrrads?
Die Anwesenden konnten spontan entscheiden, an welcher Diskussion sie sich beteiligen wollten. Im Nachgang wurden die wichtigsten Ergebnisse für alle zusammengefasst im Forum präsentiert. Wichtigstes Fazit: Das Thema Fahrrad braucht mehr Raum! In den Köpfen, aber auch in den Ortschaften und auf den Straßen.
Es wurde ein intensiver Tag des Austauschs und der Diskussion mit Blick auf zukunftsträchtige Konzepte und Ideen im Sinne der Nachhaltigkeit und einer maximalen Sicherheit der Radfahrenden.
Zum Ausklang des Tages berichtete Florian „Floki“ Keiper von seiner beeindruckenden Zweiradtour, über 17.000 km von Berlin in den Iran und zurück, die bei den Zuhörer:innen großen Anklang fand.
Fokus auf Verkehrspolitik von großem Interesse
Bausteine für zukunftsgerechte und multimodale Radverkehrskonzepte wurden am Sonntagmorgen von Uwe Petry, Planungsbüro VAR+. Dabei wurde deutlich, wie komplex Verkehrsplanung ist und wie kontrovers Fachplaner und ADFC-Aktive die Dinge sehen können. So verteidigte der Planer Petry z.B. die roten Furten für Radfahrende, die es inzwischen vereinzelt neben Zebrastreifen gibt als eine Option, die vor Ort durchaus Sinn machen könnte. Einige der anwesenden TourGuides sehen hierin jedoch eine Verunsicherung der Radfahrenden. Die Farbe rot suggeriere ein Vorfahrtsrecht, das man auf dem Rad jedoch an einem Zebrastreifen nicht habe. Eine spannende Diskussion.
Im zweiten Beitrag des Tages stellte Jörg Welke im Namen der Deutschen Bahn die überraschend vielfältigen neuen Optionen von „Bahn & Bike“ vor. Mit großem Interesse nahmen die Teilnehmenden auf, welche Möglichkeiten es hier gibt – angefangen von der kostenlosen Beratung über eine Online-Planungshilfe für Kommunen und die Unterstützung bei Fördermitteln.
Erstes Fazit
Gegen 12 Uhr beendete der Landesvorstand mit einem Rückblick auf die Veranstaltung und sehr positivem Feedback aus der Gruppe die Tagung. Aus den abgegebenen Rückmeldungen lässt sich bereits ablesen, dass der Mix aus klassischen Impulsreferaten, Workshops und einem offenen Format wie dem Barcamp die Teilnehmer:innen überzeugte. Viele werden sicherlich im kommenden Jahr wieder teilnehmen, wenn der Landesverband vom 21. bis 23. November wieder zum HessenForum einlädt – dann nach Kassel. Gefragt, wo für ihn als Landesvorsitzender der Stellenwert des HessenForums liegt, antwortete Ansgar Hegerfeld: „Das HessenForum dient nicht nur der Wissensvermittlung. Solche Formate, in denen wir dem Austausch und der Vernetzung Raum geben, sind essentiell für einen Verband, der vom ehrenamtlichen Engagement in der Fläche lebt“.
Dr. Anja Wagner,
ADFC Darmstadt-Dieburg